Wenn auf diesem Blog, anders als bei Blogs gewohnt, nicht jederzeit Neues erscheint, so liegt dies daran, dass es einfach nichts Neues gibt. ..was am Ende nicht ganz stimmt.
Die Grabungen der GDKE stehen kurz vor dem Abschluss. In den nächsten Wochen werden die Angebote der Baufirmen eingeholt.
Aufschlussreich waren die Entdeckungen für Archäologen lange Zeit nicht: Über vereinzelte Münzfunde kleinster Währung („As“) hatten wir berichtet, es fand sich dann noch eine Schicht Alltagsmüll, bevor sich etwa ab der Mitte des Geländes langsam Mauerwerk zeigte oder zumindest handbearbeitete Materialien auftraten. Und erst da wurde es „spannend“: Im Anschluss an einen Bruchgraben mit antikem Bauschutt und Abfall zeigte sich querverlaufend neues Mauerwerk (links im Bild), eine dunkel verfärbte Brandstelle und zuletzt das zentrale Element des Fotos, das wir zunächst für einen Wasserablauf hielten, da zugleich ein Brunnen gefunden wurde.
Brunnen sind natürlich immer eine interessante Sache, nicht zuletzt, weil hier in Krisenzeiten etwaige Wertgegenstände versteckt – und anschließend wegen Unpässlichkeit der Verstecker nicht mehr gehoben werden. Nicht so hier. Der Brunnen wurde bereits zu seinen „Lebzeiten“ willentlich mit Gestein verfüllt. Ein Bild werden wir sicher später zeigen können. Interessant ist eher die Zusammensetzung der Gesteine: Neben dem bekannten moselländischen roten Sandstein wurde immer wieder auch Muschelkalkstein genutzt, der heute vielen Weinlagen als Grundlage dient.
Bei genauer Betrachtung stellte sich nun allerdings heraus, dass es sich bei dem Wasserablauf im Gegenteil um eine „Darre“ handelt: einen Bau zum Trocknen und Haltbarmachen von Hülsenfrüchten, Gemüse oder auch Fisch und Fleisch. Das Darren ist dem Räuchern ähnlich, beim darren bzw. dörren wird jedoch lediglich die Hitze des Rauches genutzt – beim Räuchern werden die Speisen ja in einem abgeriegelten Raum dem Rauch selber ausgesetzt. Über den im Bild sichtbaren Rauchkanälen muss also eine Art Zwischenboden mit dem Dörrgut darauf gelegen haben, während der Rauch abgeführt wurde. Aufgrund der Flussnähe ist auch vorstellbar, dass hier Fische gedörrt wurden – allerdings wurden Fisch und Fleisch auch gerne eingesalzen.
Getreide wiederum muss irgendwann eingebracht werden, egal, wie das Wetter gerade ist. Will man es lagern, muss es auf unter 10-15% Feuchte getrocknet werden, um es vor dem Keimen zu schützen. Je nach Temperaturzufuhr wurde das Getreide also zunächst in der Darre schonend getrocknet. Bei älteren Getreidesorten wie Dinkel und Emmer allerdings bedarf es dann wiederum deutlich höherer Temperaturen bis ca. 200°, um die Spelzen („Kornhüllen“) zu lösen und dann durch z.B. Hochwerfen in den Wind („Worfeln) die „Spreu vom Weizen“ (oder hier eben vom Emmer) zu trennen (ohne Hitze musste das umständlich und kleinteilig mit Mörsern gemacht werden). Selbst ein Röstvorgang wäre mit der Darre möglich gewesen.
Auch Malz musste zum Vorbereiten auf den Brauvorgang zunächst getrocknet werden, ebenso wie Flachs vor der Weiterverarbeitung: die Möglichkeiten sind vielfältig. Allerdings ist unsere Darre nicht besonders groß, so dass sich die Frage stellt, ob sie eher für den Privatgebrauch einer Villa Rustica gedacht war, denn zum gewerbsmäßigen Dörren. Zudem ist sie eine Seltenheit, weil sie in T- Form verläuft. Die Mauern weisen auch darauf hin, dass sich oberhalb des Steinfundaments gegebenenfalls ein leichter offener Holzbau befand, kein geschlossenes Gebäude.
Ein weiterer Fund dürfte sich zur Legendenbildung wie zur Herleitung bestimmter, sich immer wiederholender Geschehnisse im Ruderverein Treviris ganz hervorragend eignen.
Gefunden wurde ein Teil einer kleinen marmornen Abbildung des Liebesgottes Amor. Das erklärt doch schon Einiges, was oberhalb in den kommenden Jahrtausenden so passierte. Die herkulischen Züge mag sich auch der ein oder andere Herr in den Bestehenszeiten des RVT zugetraut haben – wie wiederum die Damen gedacht haben mögen, da sei gar kein Kopf zum Denken vorhanden. Oder auch: Ach, wie niedlich. Auch Amor und Psyche waren im heutigen Wortsinne sicher für das ein oder andere Drama im Bootshaus verantwortlich.
Es handelt sich hierbei vermutlich um eine Art römische Alltagskunst, mit der man Räume schmückte oder sich Liebessegen wünschte. Einigermaßen mittig ist ein gerader Bruch zu erkennen: das Relief wurde vermutlich im Zuge der Christianisierung überflüssig und durch einen kräftigen Schlag mit oder gegen etwas zerstört. Leider fehlt trotz Suche die obere Hälfte. Zudem ist es ein Glück, dass diese untere Hälfte gefunden wurde, denn in späterer Zeit wurde Marmor oft verbrannt, um wiederum Kalk daraus zu gewinnen. Ob der Fundort zugleich auch der Ausstellungsort war, ist unwahrscheinlich- das Relief wurde wohl hier im Ofen entsorgt. So möge trotzdem auch kommenden Generationen der Segen des Amor und so weiter…
Eindrucksvoll sind – „live“ betrachtet – die zeitgeschichtlichen Artefakte, die menschliches Leben vor etwa 1800 – 2000 Jahren zum Leben erwachen lassen.
Zum einen haben wir ein Fragment römischen Fußbodens, an dem deutlich die Benutzung zu erkennen ist. Zudem sind verschiedene Ziegel auch gestempelt. Besonders eindrucksvoll ist ein Ziegelfragment (hier Mitte), bei dem vor dem vollständigen Trocknen offensichtlich mit dem Finger ein Fehler eingekreist wurde, im Uhrzeigersinnn verlaufend endet der Kreis wahrscheinlich mit dem Abdruck des Fingernagels und wurde möglicherweise an dem Tag von einem Vorarbeiter dutzendfach und schnell ausgeführt. Und heute liegt das so vor uns, 2000 Jahre unberührt.
Zudem lässt sich hier die römische (Flach-) Dachbaukunst ebenfalls nachvollziehen.
Bei den oben gezeigten fast vollständigen Ziegeln handelt es sich um die gängige Art der römischen Dachdeckung. Die Tegulae, hier die Innenseite, hatten auf der Außenseite abstehende Kanten (rechts knapp zu erkennen). In diesen wurden die Imbrices (links zu erkennen) verkantet und mit Mörtelbatzen fixiert, während die Tegulae sich bei entsprechend geringer Neigung überwiegend durch Eigengewicht auf dem Dach hielten. Wärme dürfte im Winter nicht aufgekommen sein, es gab allerdings vielfach die Möglichkeit, die Dachsparren von innen mit Flachziegeln zu vernageln sowie dann auch zu verputzen.
Während auch diese Funde wohl keine feste Bebauung mehr darstellen, dürfte es sich doch um die letzten Ausläufer des römischen Trier diesseits der Mosel handeln, da sich bei Probebohrungen bei unseren Nachbarn nichts mehr fand. Die Gemarkungsgrenze mit dem lange eigenständigen Euren verlief längs mitten über unser Grundstück – wer weiß, ob diese Grenzen nicht auch auf etwas viel Älterem fußen…
Zurück in die Neuzeit: Euren gehörte nicht immer zu Trier, sondern kam in den 1920er Jahren zur Stadt, weshalb sich auf der Luxemburgerstraße- auch für den RVT- alle Hausnummern änderten. Zuvor hatte Euren durchaus eigene Interessen zu vertreten. Die Lambertistraße, benannt nach ihrem Erbauer, sollte zunächst verhindert werden, weil die Stadt hier oberhalb einen größeren Hafen plante, der aber auf Eurener Gebiet lag. Realisiert wurde der Plan bekanntlich nie.
Der RV Treviris jedoch schloss möglicherweise deshalb schon 1923 einen Vertrag mit den Vereinigten Hospitien, nach Trier Nord zu ziehen, neben RGT und Gymnasial- RV. Zum einen hätte es in Zurlauben eine Konzentration aller Ruderverene entlang der damaligen Regattastrecke gegeben. Zum Anderen gab es in der Luxemburgerstraße oberhalb der Fabrik August Feuerstein, damals noch hinter dem alten Bootshaus gelegen, nur noch die Schiffswerft Boost, die sich über einen Hafen sicher gefreut hätte. Für Ruderer hätte dies, neben den Seilen der Treidelfähre St. Barbara, nur noch mehr Einschränkungen durch Schiffsverkehr bedeutet.
Warum alles anders kam, bleibt offen. Allerdings hätte der RVT mit dem Wegzug sicher auch seinen „Süder“- Einzugskreis und damit einen guten Teil der Identität verloren.
So können wir jetzt festhalten: „Die Spreu vom Weizen trennen“ fand nicht nur vor 2000 Jahren auf diesem Boden statt – heute steht die Treviris mit ihren rennsportlichen Ansprüchen in guter Tradition dazu.