Spuren

Aktuell scheiden sich die Geister auf beziehungsweise in der Grube: Schalung oder Schatzsuche? Die Baufirma hat begonnen, die Grube im hinteren Bereich einzuschalen, während im Bereich am Waschplatz die freundlichen Damen und Herren der Generaldirektion Kulturelles Erbe ihrem Tagwerk nachgehen. Dieses besteht übrigens gar nicht nur aus dem Graben und Sammeln alter Artefakte, sondern auch der Feststellung des Bodenprofils.

Während die GDKE mögliche Funde gerne gesammelt im Anschluss an die Grabungen bekanntgeben möchte, lässt sich trotzdem sagen, dass sich im Bereich nahe einer Stadt natürlich Zeichen der Zivilsation finden, seien es Müll, Tonscherben, Steine oder kleinere Münzen. Grundmauern eines Palastes oder ein riesiger Schatz sind bisher nicht aus dem Untergrund aufgetaucht. Ein kleineres Fundament wird vermutet. Und…in der Mitte liegt ja immernoch das Skelett.

Ein Arbeitsplatz direkt am Wasser…

Der Boden selbst ist ja nicht Fundstück, sondern Befund. Während Fundstücke einer Sammlung zugeführt werden, wird der Befund in der Regel durch die Grabung selbst zerstört. Hier ist im linken Bereich ein kleiner Einschnitt, um ein „Stratum“ festzustellen, einen Bodenhorizont – also unterschiedliche Bodenschichten zu definieren, die aufeinanderlagern. Dabei lässt der Befund bisher vermuten, dass der Boden ursprünglich eher in einer Art Senke vom Flussufer abfiel und von einer Anzahl Rinnsale durchzogen war, die in Richtung des Flusses Sediment ablagerten. Allerdings ist der ursprüngliche genaue Uferverlauf auch nicht mehr zu klären (ohne gleich alles aufzureissen). Zu vermuten ist, dass bereits im vorderen Bereich der Grube viel Angeschwämmtes im Boden ist.

Auch im Boden sind natürlich Artefakte neuerer Zeit. Ein längeres Rohr (aus Blei?) kam etwa einen Meter unter der Oberfläche zum Vorschein. Für ein Abwasserrohr dürfte es deutlich zu dünn sein. Eine zugegeben schlichte Überleitung zum heutigen Thema: dass die gesamte Luxemburgerstraße bis ins 20. Jahrhundert hinein zum Übel der anderen Anlieger nicht kanalisiert war und alle Abwässer mehr (oder weniger) direkt (auch) über (!) den Leinpfad in den Fluss leitete. Selbst, wenn die Kanalisation unter dem Leinpfad verlief, so wurden laut Inspektionen die Abortgruben oberhalb über Monate nicht geleert und liefen über.

Auszug aus einem Adressbuch 1914. (Quelle: Internet)

Dabei war die Luxemburgerstraße mitnichten ein schlechtes Pflaster, wie der Auszug aus dem Adressbuch zeigt. Das spätere Bootshaus befand sich in der Nr. 26- nach der Eingemeindung Eurens wurden die Hausnummern neu – in heutiger Folge- vergeben. Aber: „Shit in – shit out“, egal von wem. Übrigens: genannter Oberst von Mertens war bis 1915 Regimentskommandeur des „Königlich Preussischen Trierirschen Feldartillerie- Regiments No. 44“ – ein Regiment, in dem im 1. Weltkrieg nachweislich mehrere Treviris- Gründer gleich nach dem Abitur als Freiwillige dienten. Die Überlebenschancen in der Artillerie lagen doch um einiges höher, als in der vordersten Linie und so können wir von Glück reden, dass Zangerle junior, die Brüder Ronde etc. 1921 noch lebten.

Nun ja- eine gemütliche Partie entlang des Ufers war also jedenfalls zugleich ein olfaktorisches Feuerwerk – es ist nicht mal gesagt, dass alle Abwässer die Mosel überhaupt erreichten.

Der Stadtbaumeister berichtet 1903 über die Übelstände an Luxemburgerstraße und Leinpfad (Quelle: Stadtarchiv)

Zur Erinnerung: mitnichten lagen an der Luxemburgerstraße nur Wohnhäuser. Auch Gerbereien, Holzfabriken und die Eisenfabrik August Feuerstein, zwischen altem und neuem Bootshaus gelegen (das Haus steht denkmalgeschützt an der Straße), leiteten ihre Abwässer aus der Produktion in die Mosel, ebenso wie der Malzfabrikant Wilhelm Zangerle (senior), der den Vereinsgründern später seine Malzfabrik als erstes Bootshaus zur Verfügung stellte. Nur darf man sich Fabriken der damaligen Zeit eigentlich in keiner Weise wie die heutigen vorstellen. Oftmals wohnten Arbeiter auch in dem Haus, in dem unten eine „Fabrik“ war.

Wilhelm Zangerlé ließ sich 1886 erstmal ein Trottoir vor seinem Haus genehmigen (Quelle: Stadtarchiv)

Auch auf der Straße dürfte es in Regenzeiten nicht besser ausgesehen haben, wie die obige Zeichnung zu einem Antrag Wilhelm Zangerles auf eine „Concession“ zeigt. In direkter Nachbarschaft lag die Gerberei „v. Loewenstein & Sons“. Ebenso wie der Accent auf dem Zangerleschen E wurde hier also zunehmend internationalisiert.

Zurück zu den Aus- und Abflüssen jedoch. Nicht nur für Fußgänger war dies ein Ungemach, noch viel mehr für die Mosel, bzw. darin befindliche Schwimmerinnen und Schimmer. Immerhin gab es unterhalb der Römerbrücke die Schadow’schen Flussbläder, eins für Herren, eins für Damen (immerhin gestand man den Damen grundsätzlich ein Recht auf körperliche Ertüchtigung zu) – nicht ohne Schadow wegen des Damenbades mit Eingaben zuzuschütten, dass zumindest doch bauliche Maßnahmen zu treffen seien, die Damen von den Blicken der Herren auf dem Trottoir abzuschirmen, wenn nicht gar das Bad ganz zu schließen, wegen des davon ausgehenden Reizes. Klassische Täter- Opfer- Umkehr also.

Schimbadbetreiber Schadow war zugleich Hotelbesitzer und wohl auch Treviris- Mitglied. Erst nach einiger Zeit stellte er für beide Bäder auch Umkleidekabinen zur Verfügung, vorher gab es auf der Römerbrücke regelmäßig Gruppen von Schaulustigen. Und auch das Militär unterhielt regelmäßig eine Schwimmanstalt, die spätere Männerschwimmanstalt auf Höhe der Hornkaserne hatte Schadow von der Armee „geerbt“. Nun war die Militärschwimmanstalt nach oberhalb der Römerbrücke gewandert.

Garnison- Kommando ans Bürgermeisteramt 1905 (Quelle: Stadtarchiv)

Militärisch knapp geplant fragte das Standortkommando im März 1905 beim Bürgermeisteramt an, ob denn die Misstände bis zum Mai des Jahres beseitigt seinen, sonst müsse das Schwimmbad verlegt werden, und bat um eine baldgefällige Mitteilung, wo die Militärschwimmanstalt denn sonst liegen könne. Natürlich war die Kanalisierung nicht innerhalb von zwei Monaten erfolgt, zumal es offensichtlich keinen Anschlusszwang gab und viele Anwohner sich noch nach dem ersten Weltkrieg damit herausredeten, ihr Haus sei schließlich von den Franzosen requiriert, sollten die sich doch kümmern.

Das Militär- Schwimmbad lag dann etwa auf der Höhe unseres heutigen Steges. Die Schadowschen Bäder jedoch blieben, wo sie waren.

Stadtachter in den 1930er Jahren, Treviris liegt hinten, über das Ergebnis ist jedoch nichts bekannt.

Und dort, wo sie waren, waren sie eben auch allem ausgesetzt, was in der Luxemburgerstraße oberhalb so in die Mosel gespült wurde. Das ging soweit, dass noch in den 1920er Jahren die Verschmutzung dokumentiert und die Gesundheitsschädlichkeit zertifiziert wurde.

Wasserqualität war 1922 noch kein Selbstzweck (Quelle: Stadtarchiv)

Eine Schließung der Schwimmbäder wurde eher in Betracht gezogen, als die Kanalisierung der Luxemburgerstraße – honi soit qui mal y pense: wie heute lieber die Auswirkungen bekämpfen, denn den Ursprung des Übels. Kreismedizinalrat Dr. Ewald jedoch hielt die Schließung für nicht zielführend, weil die Bevölkerung auch ohne Schwimmbad in der Mosel schwämme. Wann die Kanalisation dann endlich eingeführt wurde, bleibt offen.

Ein weiteres Phänomen zu der Zeit waren unerlaubte oder halblegale Bohrungen auf der Suche nach Wasserläufen oder Quellen, um die öffentlichen Gebühren zu sparen oder die Versorgung zu garantieren. Nur wurde diese Suche gerne mit Wünschelrutengängern erledigt. Diese Art der Bodenuntersuchung erfreute sich zunehmender Beliebtheit und der wachsende Markt wurde zunehmend von „dafür völlig ungeeigneten Personen“ angeboten. Da auch Gemeinden und Städte in zunehmendem Maße auf das Angebot zurückgriffen, um im Anschluss erfolglos – aber auf Kosten des Steuerzahlers – zu bohren, fürchtete die Verwaltung eine Schädigung des Volksvermögens. Zudem hatte sich Geheimrat Prof. Karl Marbe in der „Psychotechnischen Zeitschrift“ Heft 4/1927 (heute noch für schlappe 109,00€ im Handel erhältlich) mit einer „Eignungsprüfung für Rutengänger“ beschäftigt, nicht ohne bereits im Vorwort zu sagen, dass zwischen Rutengang und Fund keinerlei logische Beziehung bestehe.

Eine eigene Quelle war natürlich interessant für Bierbrauer (Quelle: Stadtarchiv)

Das war also der Zustand an und in der Mosel zur Gründungszeit der „Treviris“. Und all dies hat Spuren am Ufer hinterlassen. Und alleine auf der Mosel waren die Ruderer auch nicht. Denn zum einen gab es neben Kanuwanderern viele Nachenbesitzer (auch) in Barbara/ Medard, die gerne am Wochenende kleine Bootspartien veranstalteten. Viele dieser Nachen wurden an den vorhandenen Buhnen vertäut. Unter der Woche nutzten viele Besitzer ihre Nachen, um zur Arbeit im Westen zu kommen.

Das Chaos um die St. Barabra- Fähre ist jedoch ein ganz eigenes Kapitel wert…

1920 war die kostenfreie Nutzung der Fähre St. Barbara in Trier durch den König (!) geschichtlich überholt (Quelle: Stadtarchiv)

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