Weil es so schön war- und just neue „Ware“ vom Stadtarchiv eintraf…
Die Veränderungen der Stadt, des Viertels, der Luxemburgerstraße sind lokal nachzuvollziehen. Man bemerkt sie meistens nicht, wenn man täglich zum Verein fährt, aber in der Gesamtschau fällt auf: Stimmt! Da war doch mal was? Auch viele Kleingewerbe sind verschwunden, etwa die Druckerei Kowollik, die – einem verdienten Mitglied gehörend – jahrzehntelang die Drucksachen des Vereins verlegte.
Als Orientierungs- und gewissermaßen Kristallisationspunkt kann uns nur dienen, was immer schon da war (zumindest solange es Zeichnungen und Bilder gibt): der Fluss und „Mattheis“. Ehrwürdig thront Sankt Matthias auf der anderen Moselseite über allem. Dahinter schließt sich die Grafschaft an, „über der Schammatsmauer“, deren Grenze die „Weismark“ markierte. Man erkennt leicht die Baumgruppen des Mattheiser Weihers und erste Häuser. Diesseits gegenüber Mattheis jedoch weit und breit: Nichts. Das jenseitige städtische Ufer ist noch hell vom verbauten Sand: erst in den 1920er Jahren wurden die vielen durch die Wirtschaftskrise Arbeitslosen mehr oder weniger freiwillig in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gesteckt: „Barbeln“ wurde geschleift und der Damm gebaut, ebenso wie zum Beispiel der Nürburgring und die Sportanlagen in Köln- Müngersdorf und Frankfurt. Das war nicht unbedingt weitsichtige Geschäftstüchtigkeit: das war akute Beschäftigungs- und Perspektivlosigkeit gepaart mit der Hoffnung auf bessere Zeiten. Der Treidelpfad war nicht wie heute ständig freigelegt, das Wasser stand viel höher, denn die Mosel war kaum schiffbar und viel flacher. Erst mit Stauhaltungen und Vertiefung ging der Wasserstand zurück: die Fließgeschwindigkeit erhöhte sich jedoch und die zunehmende Versiegelung von Flächen (man beachte nochmals die freie Fläche an der Zeppelinhalle) brachte uns gemeinsam mit lokalen Starkregen die Hochwasser, die wir heute kennen. Die Zeppelinhalle wurde erst in den späten 1920er Jahren abgebrochen, nachdem von hier aus im 1. Weltkrieg wirklich Luftschiffe in Richtung Westfront gestartet waren.
Ein großes Gebäude in der obigen Gesamtansicht war der Bahnhof Trier West in der Luxemburger Straße, Triers erster Bahnhof, „Trier links der Mosel“ genannt. Ein monumentales Gebäude wilhelminischer Anmut. Den Hauptbahnhof gab es noch nicht: hier endete die Strecke aus Metz- Saarbrücken- Luxemburg kommend. Wer nach Koblenz wollte, musste zu Fuß etwa zwei Kilometer nach Pallien, denn dort endete die Strecke, die aus dem „Kernreich“ kam – und umgekehrt. Erst spät in den 1890ern wurde die Pfalzeler Brücke gebaut, die den Verkehr zum heutigen Hauptbahnhof leitete. Das Bahnhofsgebäude Trier West beherbergte noch länger die Bahndirektion, stand am Ende aber leer und wurde offensichtlich auch im Krieg stark beschädigt und in der Folge abgerissen. Nichtsdestotrotz konnte in den ersten Tagen nach dem Fall Triers 1945 in den alten Hallen wieder Markt gehalten werden. Der alte Bahnsteig soll noch stehen, wohl etwa auf Höhe des heutigen Edeka- Parkplatzes. Welcher Projektentwickler, welche Architektin würde sich nicht heute über solch eine Chance freuen?
Bis zum Umzug nach dem zweiten Weltkrieg baute die Boostwerft Boost auf dem Gelände des heutigen Campingplatzes u.A. Fähren wie die auf dem Bild. Im Hintergrund ist erneut St. Matthias zu erkennen. Dass der damalige Vorstand sich vehement um die Zupacht und später den Kauf des Campinggeländes kümmerte, hat dem Verein nicht nur einmal das Leben gerettet. Wenn Spender wegfielen oder Zwistigkeiten wohlhabende Gönner davontrieben, konnte doch zumindest der Platz eine minimale wirtschaftliche Sicherheit bieten. Stellt man sich zudem vor, wie die Ufer an anderen Stellen zugebaut sind, ist es fast ein Glück für den Stadtteil, dass hier ein Stück grüne Freifläche geblieben ist.
Dabei sah es um 1900 hier noch ganz anders aus, wie ein Lagerplatz der Kohlenhandlung Hansen & Neuerburg zeigt. Wie auch die Gründer der Treviris damals ihr erstes Boot auf einer Kohlenhalde im Bereich neben dem Hotel Römerbrücke angespült fanden, lagerte im Bereich des heutigen Bootshauses oder des „Weißen Hauses“ Brennmaterial aller Art. Gut möglich, dass es sich bei dem Weg, der vermeintlich hinter der Grundstücksmauer verläuft, um den heutigen Weg am Bootshaus vorbei handelt.
Im Hintergrund erneut St. Matthias, in der Mosel schwimmend nicht etwa die „Barbelner Fähre“, die dort jedoch auch gewesen sein muss, sondern ein Flussschwimmbad, damals heissester (S)Hit, Umkleidekabinen & Gastronomie auf dem Wasser schwimmend, in der Mitte ein Bassin in der Mosel. Warum eigentlich nicht heute nochmal?
Nicht nur das Rudern und Wanderrudern, der Wassersport und der Wasserwandersport hatten damals insgesamt große Zeiten. Auch Kanufahren, Kanuwandern oder einfach Paddeln, ebenso wie Flussschwimmen, waren en vogue. Viele Treviris- Ruderer waren zudem auch Besitzer von Kanus mit denen sie Zelt- Touren machten. Meist mit den Freunden, die nicht rudern konnten, denn paddeln konnte irgendwann jeder… So gab es nicht am heutigen Wendepunkt kurz oberhalb der Römerbrücke ein bekanntes Kanuheim von Hans Dornoff und Frau, die es sogar in das engliche Erlebnisbuch „Kingfisher Abroad“ von Tean und Tommy Rising ( 1937/38) schafften.
Dornoff war nicht unumstritten. Zum einen hatte er in Trier und Weimar Malerei studiert und viele seiner Motive fand er am Paddler- Bootshaus oder auf Moseltouren, seine Malerei war besonders von Cézanne und dem französischen Impressionismus beeinflusst. Zum anderen jedoch stellte er auch im 3. Reich viel aus und war am Ende Leiter des Kunsthauses Luxemburg, was ihm bis zum Tode 1972 Kritik einbrachte. Nach dem Krieg eröffnete er ein neues Kanuheim in der Martinsmühle. Auf der Pferdeinsel hatte es bereits vor dem Krieg Zeltplätze gegeben. Die Martinsmühle wurde 1963 abgerissen, um dem wachsenden Straßenverkehr Rechnung zu tragen. Nun stelle man sich nur vor, es hätte schon immer mehr und zuverlässigen ÖPNV gegeben und die Martinsmühle stünde noch…
Neben dem alten RVT- Boothaus waren aber wohl auch einmal die Paddler der Bahn eingezogen.
Friedrich Eduard Keller, Herausgeber vieler Gewässerwanderführer, schrieb 1922 (jedoch basierend auf einer Bereisung 1914) unter Anderem: „Da unter den heutigen Verhältnissen eine Fahrt nur von Trier aus in Betracht gezogen werden kann, so lassen wir auch hier unsere Fahrt beginnen. Da das grüne Moselwasser sehr schmutzig (ist) und viele pflanzliche und tierische Absonderungen enthält, so empfiehlt es sich, täglich das Boot abzuwaschen.“ Schon Oskar Rupertis „Führer für Wanderruderer“ (1910) warnt: „Im Sommer verkrautet die Mosel ziemlich stark.“(Quellen: Faltboot.org)
Manche Dinge ändern sich doch nicht.
Leider fiel es den nationalsozialistischen Jugendorganisationen hier bald darauf leicht, auf vorhandene Interessen und auch Infrastruktur aufzusatteln. Alles, was einmal bunt und lustig war, wurde braun. Das Ende ist bekannt.